Studie über Cannabis vor der Freigabe
Auch elf Jahre nach einem entscheidenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts
steht eine länderübergreifende Regelung für die straffreie Einstellung von
Verfahren gegen Gelegenheitskiffer weiter aus. Nach §31a des
Betäubungsmittelgesetzes »kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung
absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre« und es sich zum
Beispiel nur um eine »geringe Menge« Cannabis zum Eigenverbrauch handelt. Nicht
zuletzt die Frage, was eine »geringe Menge« ist, wird aber sehr unterschiedlich
beantwortet. Während in Schleswig-Holstein auch noch bei 30 Gramm meist von
einer Verfolgung abgesehen wird, gelten bei Bayerns Staatsanwaltschaften
höchstens sechs Gramm als »gering«.
Die Karlsruher Richter hatten im März
1994 den Gesetzgeber deshalb aufgefordert, für »eine im wesentlichen
bundeseinheitliche« zu sorgen. Zuvor sollten jedoch erst Erkenntnisse über die
praktische Anwendung des 1992 in Kraft getretenen §31a Betäubungsmittelgesetz
eingeholt werden. Das Bundesgesundheitsministerium beauftragte dazu das
Heidelberger Max-Planck-Institut. Auch die Justizminister legten sich im
November 2002 darauf fest, erst nach Fertigstellung der Studie aktiv zu werden.
Nun liegt diese zwar, bleibt aber vorerst unveröffentlicht. Eine Sprecherin
des Bundesgesundheitsministeriums erklärte gegenüber ND, man wolle den mit rund
500 Seiten sehr umfangreichem Bericht »erst auswerten«. Eine Veröffentlichung
sei noch nicht terminiert – solle aber noch in der ersten Jahreshälfte erfolgen.
Carsten Schäfer, Autor der Studie, geht davon aus, dass die Öffentlichkeit »noch
im April« Einblick in das Werk erhält – und damit auch in die Ergebnisse.
So
lange bleibt unter Verschluss, was allgemein bekannt ist: Dass die
Rechtsanwendung des §31a von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ist.
Entscheidend sei allerdings, so Schäfer gegenüber ND, wie dies politische
bewertet wird, zumal die Vorgabe aus Karlsruhe (»im wesentlichen einheitlich«)
recht ungenau sei. Die Studie, so Schäfer, werde aber »auf jeden Fall für
Diskussionen sorgen«.
(ND 15.03.05)
Cannabis legal vom 9.03.05
Eine Studie im Jahre 1997, die Zahlen von 1994 und 1995 auswerte, dokumentierte erhebliche Unterschiede in der Einstellungspraxis zwischen den Bundesländern. Trotzdem kam es zu keiner bundesweit verbindlichen gesetzlichen Regelung der Verfahrenseinstellung durch den Bundestag.
Im Jahre 2002 legte das Amtsgericht Bernau dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vor, ob die laufende Rechtspraxis mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Im folgenden Jahr startete eine vom Bundesgesundheitsministerium unterstützte Studie des Max-Planck-Instituts Freiburg zur Rechtspraxis. Sie sollte neuere Daten liefern und dabei einige methodischen Mängel der Studie von 1997 vermeiden. Diese ließ z.B. keine direkte Aussage zu, welcher Prozentsatz der Verfahren bei wieviel Gramm in welchem Bundesland eingestellt wurde.
Ohne das Ergebnis der laufenden Studie abzuwarten, die aktuelle und relevante Daten liefern würde, lehnte das Bundesverfassungsgericht im Juli 2004 den Bernauer Vorlagebeschluß ab.
Im Herbst war die Studie dann abgeschlossen und ihr Ergebnis wurde der Bundesregierung übergeben. Seitdem liegt der Bericht unter Verschluß: Die Studie ist nach wie vor unveröffentlicht. Die derzeitige Rechtspraxis, die gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip des Grundgesetzes verstösst, geht vorerst weiter.